Es kann nachgewiesen werden, dass mehrere Fahrerassistenzsysteme reproduzierbar gleichzeitig ausfallen und Seiteneffekte zu ungewolltem Verhalten des Fahrzeugs führen. Im Falle von Fehlfunktionen können fehlerhafte bzw. unlogische Einträge in den Fehlerspeichern nachgewiesen werden. Solche unlogischen Einträge liegen hier vor.
Es kann des weiteren nachgewiesen werden, dass das Fahrzeug ein Assistenzsystem mit einer Funktion zum automatischen Beschleunigen hat, die außerhalb der Spezifikation liegt. Es gibt weitere Assistenzsysteme, die eine Beschleunigung hervorrufen können.
Wenn ein Fehler eines Systems im falschen Augenblick (hier kurz vor einem Unfall) stattfindet, ist es möglich, dass sich dieser nicht im Fehlerspeicher wiederfindet, stattdessen wird dieser ggf. durch falsche Werte verdeckt.
Ebenso obliegen viele der hier beschriebenen Level 2 Fahrerassistenzsysteme von vorneherein nicht der Pflicht Einträge in den Fehlerspeicher zu machen, die Funktionen melden nur innerhalb des Systems, dass sie nicht verfügbar sind.
Durch den Ausfall von Assistenzsystemen lässt sich sogar ein falscher Erkennungszeitpunkt der Kollision erklären, was zwangsläufig zu Folgefehlern in der Interpretation des Fehlerspeichers führt. Eine automatische Leistungszugabe eines Assistenzsystems könnte dann als manuelles Gas-Geben vor dem Aufprall interpretiert werden, während die Autos tatsächlich bereits kollidiert waren und mehrere ineinander geschoben wurden.
Allen Unfällen gemeinsam ist, dass bei langsamen Geschwindigkeiten und einhergehenden Bremsvorgängen der Wagen eigenständig beschleunigt hat. Was mit dem in C46 beschriebenen Feature update durch eine Funktion des Fahrzeugs erklärt werden kann.
Was muss sich ändern?
Zur Aufklärung von Unfällen müssen in Zukunft beim Einsatz von immer komplexeren Assistenten ganz andere Daten gesammelt werden wie bisher. Der Sonnenstand kann Einfluss auf die Frontkamera haben, die Position von Induktionsschleifen spielt eventuell auch eine Rolle und der Zustand der Fahrerassistenzsysteme inklusive gerade ablaufender Resets müssen unbedingt im Unfalldatenspeicher abgelegt werden. Die vom Kraftfahrtbundesamt durchgeführten Tests am Unfalldatenspeicher müssen Anwendungsfälle enthalten, in denen Fehlfunktionen der Assistenzsysteme beinhaltet sind.
Meiner Meinung nach sind die bisherigen Verfahren zur Fehler und Unfallaufzeichnung mit den wachsenden technologischen Fortschritten im Fahrzeugbereich nicht angemessen mit gewachsen. Ein halbsekündiges Aufzeichnen im Unfalldatenspeicher passt zu Fehlern durch mechanische Bauteile. Prozessoreinheiten, die im Gigahertzbereich arbeiten und Fahrzeuge steuern, beschleunigen und bremsen können, müssen auch als solche komplexen Systeme im Fehlerfall behandelt werden und Log und Trace Daten zur Verfügung stellen und zwar für die Gutachter erreichbar. Diese brauchen ihrerseits zukünftig eine Ausbildung im Softwarebereich, um im Streitfall helfen zu können.
Dass auch nicht jeder Fehler im Fehlerspeicher abgelegt wird gerade im Level 2 Bereich, passt auch nicht zu der Mächtigkeit dieses Systems.
Natürlich ist bei all dem klar, dass der Fahrer nach wie vor die letzte Verantwortung hat und bereit sein muss einzugreifen. Unseres Erachtens kann das aber nicht für (teils schwerwiegende) Fehlfunktionen der Systeme gelten, bei denen sich das Fahrzeug verselbständigt und völlig unplausible, nicht vorhersehbare Fahrmanöver einleitet.